„Das Ergebnis wird ein Europa sein, in dem Deutschland als Imperialmacht betrachtet wird - als eine Macht, die vom Rest Europas nicht mehr bewundert und imitiert wird. Stattdessen wird Deutschland gehasst werden, andere Länder werden Widerstand leisten, weil sie die Deutschen als Unterdrücker wahrnehmen“, prophezeit US-Großinvestor George Soros in einem Interview mit der Zeitschrift „Spiegel“.
Soros ist der Meinung, dass durch die hohen Zinsen, die Italien und Spanien zur Refinanzierung ihrer Schuldenberge bezahlen müssen, ihr Wettbewerbsnachteil sogar noch größer werde. Der Financier, der zu Beginn der 1990er Jahre die Bank von England knackte, fordert Deutschland auf den Südeuropäern dabei zu helfen, ihre Zinsen zu senken.
Keine Eurobonds, solange ich lebe
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel nimmt eine vollkommen unterschiedliche Position ein. Zusammen mit der Bundesbank ist sie der Meinung, dass die hohen Zinsen Anreize schaffen, Reformen umzusetzen und klamme Euroländer wettbewerbsfähiger werden. Merkel sagte gestern in einer Sitzung der FDP-Fraktion, dass es keine Eurobonds gebe, solange sie am Leben ist.
Mit dieser zugespitzten Rhetorik dürfte sie die Ressentiments gegenüber Deutschland in Italien und Spanien verschärfen. Die Bevölkerung im Süden kommt mehrheitlich nicht zu der gleichen Schlussfolgerung wie die Bundesregierung, die ihnen vorwirft, eine Dekade lang über ihre Verhältnisse gelebt zu haben.
Die Spar- und Reformprogramme werden als deutsches Diktat aufgefasst. Es soll die Führungsrolle Deutschlands in Europa zementieren und Länder wie Griechenland, Portugal, Spanien und Italien zu Vasallen der Bundesrepublik machen. Solche Töne kommen nicht nur aus Athen. Die Legende vom „Vierten (wirtschaftlichen) Reich“ ist auch zunehmend bei Protesten in Rom, Madrid, Lissabon und Dublin zu hören.