27.7.12

EZB betreibt eben doch Staatsfinanzierung beim Kauf von Spanien-Bonds

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) signalisiert umfangreiche Aufkäufe von Staatsanleihen. „Glauben Sie mir, das wird ausreichend sein“, sagte Mario Draghi auf einer Veranstaltung in London. Die Finanzmärkte jubeln. Der deutsche Aktienindex DAX kratzt an der Marke von 6.600 Punkten. Der Eurokurs klettert zeitweise über 1,23 Dollar. Spaniens Zinsentwicklung für Zehnjahrespapiere fällt von 7,75 auf 6,82 Prozent.

„Innerhalb unseres Mandats ist die EZB bereit, alles Erforderliche zu tun, um den Euro zu erhalten. Sollten hohe Risikoaufschläge für Staatsanleihen die Funktion der geldpolitischen Transmissionskanäle stören, fällt das in unser Mandat“, erläuterte Draghi vor immer wahrscheinlicher werdenden Ankäufen von spanischen- und italienischen Staatsanleihen, wie man sie in der Eurozone bisher nicht gesehen hat.

Die EZB muss den Erwerb von Staatsanleihen als Zinspolitik tarnen. Gäbe sie zu, dass die Käufe in Wahrheit erforderlich sind, um den klammen Euroländer Spanien und Italien Zeit zu kaufen, damit diese ihre Reformen umsetzen, würde sie Staatsfinanzierung betreiben. Dies ist jedoch durch die Euro-Verträge verboten.

Der „Transmissionskanal“ erscheint aus der Sicht der Notenbank gestört, weil sich ihre Zinspolitik nicht gleichmäßig im Euroraum verteilt. Deutschlands Zinsen für zweijährige Staatsanleihen liegen aktuell bei -0,06 Prozent. In der Laufzeit vergleichbare spanische Staatsanleihen rentieren bei 5,47 Prozent. Der EZB Leitzinssatz beträgt 0,75 Prozent.

Madrid macht es wie Buenos Aires

Aus juristischer Sicht dürfte die EZB mit ihrer Argumentation durchkommen. Vergleicht man jedoch Ankaufsprogramme von Staatsanleihen der US-Notenbank, der Bank von Japan und der Bank von England, die die spanische Regierung immer wieder als Begründung heranzieht, weshalb nun auch die EZB Schuldtitel kaufen müsse, gibt es einen entscheidenden Unterschied.

In den USA, Japan und Großbritannien waren die Zinsen für Staatsanleihen bereits niedrig, als die Notenbanken begannen die Schuldtitel anzukaufen. Dies ist in Spanien nicht der Fall. Das Misstrauen der Märkte ist extrem hoch. Erst nutzte Spanien den Euro knapp zehn Jahre als Hartwährung, um sich exorbitant gegenüber dem Ausland zu verschulden. Insbesondere die spanischen Privathaushalte.

Nun will die spanische Regierung über den Kauf von Staatsanleihen eine Weichwährung haben, um möglichst viel der Schulden ihrer Landsleute wieder weg zu inflationieren. Dass dies zutiefst unsolidarisch und antieuropäisch ist, bleibt dahingestellt. Frappierend ist jedoch die Ähnlichkeit zu dem Vorlauf der Argentinien-Krise.

Auch die Argentinier haben sich in den 1990er Jahre massiv in einer Hartwährung, nämlich dem Dollar verschuldet. Anschließend musste man die eins zu eins Bindung des argentinischen Pesos an den Dollar aufgeben. Die Leidtragenden waren inländische Sparer und ausländische Besitzer argentinischer Staatsanleihen. Argentiniens Staatsverschuldung lag zum Zeitpunkt der Staatspleite unter 70 Prozent. Spaniens Schuldenquote liegt derzeit bei 71 Prozent des BIP.

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