Der Euro trotzt seinen Kritikern, und so steigt der EUR/CHF-Kurs auf 1,0970. So hoch notierte das Devisenpaar zuletzt vor zwei Wochen. Das sei ein vorübergehender Anstieg ohne jegliche Substanz, sagen die einen. Der Euro werde weiter steigen und das Hoch bei 1,12 angreifen, meinen die anderen. Ist die Zeit der Paukenschläge aus Frankfurt ein für allemal vorbei?
Wer bisher nicht wahrhaben wollte, dass die Schweiz ihren Wachstumsrückstand zum Euroraum aufgeholt hat, wird nun noch einmal eines besseren belehrt. Der sentix-Konjunkturindex signalisiert im März 2016 sowohl für die Schweiz (5,4 Punkte), als auch für den Euroraum (5,5 Punkte) einen leichten Aufschwung. Die Zeiten, als der Euroraum die Schweiz um knapp 20 Punkte überragte, sind vorbei.
Das Wirtschaftswachstum ist aus der Sicht vieler Volkswirte nach wie vor das A und O für eine Währung. Hier laufen alle Konjunkturdaten zusammen. Es mache daher wenig Sinn, dass 1 Euro momentan 1,10 Franken wert ist, sagen die Euro-Gegner. Das sei zu viel, bedenkt man, dass im Dezember 2015, als die Schweizer Wirtschaft noch hinterherhinkte, 1 Euro lediglich 1,0750 Franken auf die Waage brachte.
Die Anhänger des Euros rechnen mit einem Anstieg auf das Anfang Februar 2016 erreichte Hoch bei 1,12 Franken. Der Negativzins, mit dem die Europäischen Zentralbank (EZB) den Euro in den letzen Jahren abgeschwächt hat, wirke inzwischen nicht mehr. Analysten nehmen die negativen Zinsen der EZB dieser Tage genau unter die Lupe. Viele kommen zu dem Ergebnis, dass es sich dabei um eine unseriöse Geldpolitik handelt.
Negative Zinsen gelten als gutes Instrument für kleine Volkswirtschaften wie die Schweiz und Dänemark, um die Währung abschwächen. Für große Währungsräume dürften ihre Nachteile überwiegen, weshalb die USA und Großbritannien auf ihren Einsatz verzichteten. Japan führte im Januar 2016 negative Zinsen ein, was auf großes Unverständnis in der Bevölkerung und bei Unternehmen stieß.
Die EZB wird sich also ein Stück weit anpassen müssen. Genau darin liegt laut den Euro-Anhängern die Chance für den EUR/CHF-Kurs. Zwingen die Finanzmärkte EZB-Chef Mario Draghi dazu auf eine Geldpolitik der ruhigen Hand umzustellen, würden Anleihe-Händler weitere Lockerungen auspreisen. Dies wäre dann die Voraussetzung für eine neue Anstiegswelle des Euros.