Banken rechnen mit EUR/CHF-Kursen bei 1,08-1,12. Es ist weder die Zeit für hohe Wechselkursprognosen, noch für niedrige. Wenn sich die Konsensmeinung verengt, dann ruft das Contrarians auf den Plan. Die in den Vorhersagen zum Ausdruck kommende Ratlosigkeit ist oft ein erstes Indiz dafür, dass etwas Überraschendes passieren wird.
Der EUR/CHF-Kurs dürfte in den nächsten Monaten um das aktuelle Niveau pendeln, heiß es einem Kommentar der Raiffeisen Zentralbank. Das österreichische Geldhaus sieht den Euro bei 1,08-1,10 Franken. Die Landesbank Hessen-Thüringen pflichtet bei. Sie erwartet einen bei 1,10 auf der Stelle tretenden Wechselkurs.
Auch die Commerzbank, die über die Aufhebung des Euro-Mindestkurses bei 1,20 Franken wie ein Rohrspatz schimpfte, rechnet nicht länger mit einer Revanche des Devisenmarktes. Deutschlands zweitgrößte Bank sieht den Euro Mitte 2016 bei 1,09 Franken. Vor drei Monaten hatte man noch einen Rückfall auf 1,05 prognostiziert.
Die Währungsexperten der Bayerischen Landesbank, Scotiabank und Danske Bank wollen sich ebenfalls nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Sie kalkulieren mit 1,08-1,12. Credit Suisse und St.Galler Kantonalbank sehen das auch so.
Mit den Wechselkursprognosen so dicht beieinander lagen die Banken zuletzt Ende 2014. Damals sahen sie den Euro leicht über 1,20 Franken, bis die Schweizerische Nationalbank (SNB) Mitte Januar 2015 auf die Pauke schlug. Was dieses Mal der Auslöser für einen starken Kursausschlag sein könnte, den niemand auf der Rechnung hat, ist unklar.
Die Inflation, und wie die Zentralbanken darauf reagieren, könnte zu einem dominierenden Thema der nächsten Monaten werden. In einem raschen Anstieg der Inflation liegt vielleicht das größte Überraschungsmoment. Denn bis vor kurzen hatten sich Anleger noch vor sinkenden Verbraucherpreisen gefürchtet.
Es ist völlig offen, wohin der EUR/CHF-Kurs bei anziehenden Verbraucherpreise ausschlägt: Er könnte steigen, weil eine höhere Inflation der Europäischen Zentralbank (EZB) weitere Lockerungen der Geldpolitik verbietet. Er könnte aber auch fallen, weil die Banken und Staatshaushalte in Südeuropa ohne Dauer-Geldspritzen aus Frankfurt nicht über die Runden kommen.
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