An den Finanzmärkten zeichnet sich gerade einer dieser gefürchteten Sentiment-Wechsel ab. Die Notenbanken verlangsamen das Tempo des Geldpumpens. Weniger Opium fürs Anlegervolk führt auf kurz oder lang zu einem Börsenbeben. Zu Jahresbeginn versuchte man den Entzug schon einmal und scheiterte kläglich.
Die Europäische Zentralbank hat ihr massives Wertpapierkaufprogramm vorerst nicht verlängert. In den USA läuft es für die anstehende große Fed-Sitzung mit Pressekonferenz auf eine Leitzinserhöhung hinaus. Die Bondkönige Jeffrey Gundlach und Bill Gross gehen davon aus, dass der US-Leitzins am 21. September 2016 von 0,50% auf 0,75% angehoben wird.
Erhöht Janet Yellen den Schlüsselzins, dann dürfte sie das tun, um ein wenig Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, und um bei einer etwaigen Rezession mehr Spielraum zu haben, die Wirtschaft aufs Neue anzuheizen. Wichtige US-Konjunkturdaten (wie die ISM-Einkaufsmanagerindizes für die Industrie und Dienstleister) haben sich zuletzt überraschend kräftig eingetrübt.
Teufelskreis
Dass Mario Draghi die Geldpolitik weiter lockern wird, ist fast so sicher wie das Amen in der Kirche. Er signalisiert allerdings damit bis Ende 2016 zu warten. Damit ist die Eurozone in einer gefährlichen Lage. Die Effekte des letzten massiven Lockerungspaketes vom Frühjahr sind inzwischen eingepreist. Wird kein frisches Zentralbankgeld ins Schaufenster gestellt, geht es bergab (Stillstand ist Rückschritt).
Die Finanzmärkte dürften daher herumzicken, bis Draghi das nächste Lockerungspaket schnürt. Dieses wird dann aller Voraussicht neben dem Erwerb von noch mehr Unternehmensanleihen auch den Ankauf von Aktien beinhalten.
Momentan ist die Lage vergleichbar mit der Anfang 2016. Wenige Wochen zuvor hatte die Fed gerade ihre historische Mini-Zinswende eingeleitet. Draghi war bei einem Versuch Ende 2015 die Geldschleusen weiter aufzureißen, ausgebremst worden. Der EZB-Rat war ihm nicht gefolgt. Die Währungshüter konnte den strafferen Kurs für die Geldpolitik allerdings nicht durchhalten.